Pascha Kasakow war Schachspieler und lehrte seine beiden Söhne Babel und
Zacharias eine symbolische Schachtheorie. Er glaubte daran, dass jeder
Kegel des Spiels eine Bedeutung fur die menschlichte Gesellschaft besaß
und das Holzbrett einer Begegnung Hader, Abhängigkeit, ja Fessel einer
vollständig intakten Gemeinschaft demonstrierte. Eine reale Welt verstand
er als Spielfläche, die das Leben ihrer Bewohner in Spezien unterteilte,
die teils Trauer und Liebe erkennen, vermitteln, besitzen und verbergen
ließ. Alles was er an den Menschen nicht verstand, versuchte er in der
Schachwelt zu erkennen und auszudrücken. Er erprobte die Gefahr der
Unterdrückung eines Volkes, ersann die "karelische Eröffnung" und
verurteilte kommunistische Tugenden im Zusammenhang mit dem russischen
Schachspiel.
Zacharias war inzwischen herangewachsen und began nach Paschas
Tod, sein Schachspiel nach eigenem Ermessen zu verbessern und kleinere
Turniere in der Ukraine zu spielen. War es nun das erschöpfte Renommee des
Vaters, das nach "Reputation!" rief und immer lauter werdend, und laut genug
dann am Sterbebett, die beiden Söhne um Hilfe bat? War er, Zacharias
Kasakow, plötzlich ein Schachspieler, dem deshalb das Trommelspiel verboten
wurde? 1915 reist er nach Moskau, um Paschas Schachlehre mit den
Aufzeichnungen zu vergleichen, die dieser bei seiner Schwester Tonja am
Kalininprospekt hinterließ. Die Notwendigkeit, ein Bewohner des
S/W-Diagramms zu sein, veränderte Zacharias' Leben schlagartig, er dachte
an das pulsierende Leiden seines Vaters, der mit seiner eigenen Theorie
begraben schien, ohne sie je sieghaft verteidigt zu haben. Schwer und
betucht schlugen die Seiten der Manuskripte in den Luftraum, Zacharias las
und las, notierte und notierte, stellte die Kegel auf das schwarz/weiß
bemalte Brett der Tischebene und sah das Bildnis vom Trommelbuben, der
unaufhaltsam über die Diagramme schlich. Der Zar war König, die Zarin Dame,
der Arzt ein Läufer, er kramte im Schrank am Dachgeschoß, zerlegte das
Zinnsoldatenregiment von Onkel Oleg und stellte den Zinntrommler in das
Feld des äußersten Schachbauern. Auf diese Art und Weise war er den
Holzfiguren näher, als es irgendein unerprobtes Spielsystem hätte
verrichten können. Die Schlacht konnte beginnen.
Tanze, tanze nur, mein Bub, mein Bub, nur mit dem Spiel!
Mein Bub träumt vom Leben, vom Ziel seiner Welt
Er wandert und trommelt wann immer er darf
Geht ein Stück, steht ein Stück, rührt noch am Weg
Die Trommel, die Trommel, doch leer ist sein Platz im Diagramm
Es ist dieses Spiel, das dich zum Bauern macht. Komm in seine Welt!
Es ist dieses Spiel mit Kegeln schwarz und weiß. Komm in seine Welt!
Komm in meine Welt, an deinen Ort von diesem Feld
Breche das Idyll - ein Kurzweil, das uns so missfällt
Komm in meine Welt, an deinen Ort von diesem Feld
Trommle für ein Volk, das hölzern dir ständig gedenkt
Du plagst dich mit Figuren, die dein Leben nicht verstehen
Lebst still allein, doch währt am Brett ein Lichtlein dir zu scheinen
Du wählst eine Farbe, eine Schar, ganz gleich im Schach
Sie kämpft die Schlacht zu Ende und will Sieger dabei sein
Komm, sag auf Wiedersehen, es ist Zeit zu gehen
Nun leb' ich hier im Diagramm, als Lenker der Kegelwelt
Müde, es taumelt, es taumelt mein Bauer in deine Fugen
Nun zeig' ich mir das Kegelspiel, die Tücken des kleinen Volks
Müde, es taumelt, es taumelt mein Bauer in deine Fugen
Spürst du nicht, wie deine Kegel deinen Mannen
Hier am Brett ein kleines [Trommelliedchen singen?]
Hier ist dein Ort, das ist das Wunder dieser Welt
Bewohne das kleine Schachbrett, bewohne das Diagramm
Marschiere und schlag die Trommel, führe dein Volk auf diesem Schlachtfeld an
Bewohne das kleine Schachbrett, bewohne das Diagramm
Du wählst den schwarzen Pöbel, der dir nur schwarz begegnen kann
Bewohner dieser Welt, sie werden niemals müde sein
Sie kämpfen um ihr Recht und schützen ihren König vor dem Feind
Ich bin ein Bewohner dieser Welt, möcht' nicht mehr bloß der Trommler sein
Ich kämpfe für mein Volk und nehme ihre Felder ein
Spürst du nicht, wie deine Kegel deinen Mannen
Hier am Brett ein kleines [Trommelliedchen singen?]
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