Baltasar:
Ich habe Dich am Fluß gefunden
Und hatte das Alleinsein satt:
Ein Zentner Fleisch auf meinen Schultern
Ist auf dem Weg unter die Stadt.
Das Skelett-Ballett:
Komm' tritt herein,
Komm' tritt doch ein!
Lilith:
Scheusal, laß mich 'runter,
Laß mich geh'n!
Das Skelett-Ballett:
Komm' tritt herein,
Komm' tritt doch ein!
Baltasar:
Heute Nacht wirst Du
Vor'm Altar steh'n!
Lilith:
Wo Gedanken sich zum Spuk im Kreise drehen,
Wo Skelette tanzen, alle Uhren rückwärts gehen,
Tote Kinder eingekochte Wanzen essen,
Wo gemahl'ne Zähne in Stundengläsern Träume messen…
Baltasar:
Willkommen in der Kirche,
In der Kirche des Todestrips.
Das Skelett-Ballett:
Tritt her-,
Tritt her-,
Tritt herein.
Lilith:
Auf einem Beichtstuhl festgebunden,
In ein Brautkleid hineingezwängt:
Sind meine Lenden auch geschunden,
Mich jeder Nerv zum Flüchten drängt!
Das Skelett-Ballett:
Laß es doch sein,
Komm', laß es sein.
Lilith:
Glücklich ist die Frau, die Dir entwischt.
Das Skelett-Ballett:
Laß es doch sein,
Komm', laß es sein.
Baltasar:
Liebes, jetzt wird für Dich aufgetischt.
Wo Gespenster mitternächtlich Hochzeit feiern,
Kleine Greise an Spieluhr'n in ihren offenen Schädeln leiern,
Fahle Hände Teig aus Rattenhirnen kneten,
Tiefseeungeheuer fremde Hundegottheiten anbeten…
Lilith:
Gefangen in der Kirche,
In der Kirche des Todestrips.
Das Skelett-Ballett:
Siehe!
Das Tor zur Hölle tut sich auf!
Öffnet die Särge, wir bitten zum Tanz,
Wir wollen die Fratzen nicht länger verbergen,
Denn in von Verwesung befallene Nasen
Steigt tief aus dem Grabe, der modrigen Gruft...
Die Schwestern des Bösen:
Der wimmernden Totgeburt schimmliger Duft.
Auf aus Fingern gefertigten Panflöten blasen
Des Herren der Finsternis listige Schergen:
"Das Kätzchen soll schreien, schneid' ab ihren Schwanz"!
Das Skelett-Ballett:
Rasselt die Knochen, nehmt Christus das Kreuz ab,
Laßt Asseln und Quallen von der Kanzel regnen,
Rührt in Euren Trommeln ein eklig' Gebräu!
Sie strecken die Füßchen um den Mutterkuchen
Verzweifelt im alten Taufbecken zu suchen!
Die Schwestern des Bösen:
Wo ist uns're Mutter, die häßlich und scheu
Uns Tausende Male im Alptraum begegnet?
Mütterchen, Mütterchen, steige herab!
Mütterchen, Mütterchen, steige herab
Und lege Dich zu uns ins eisige Grab,
Wir missen doch Deine Grimasse so sehr,
Mütterchen, Mütterchen, stirb einmal mehr!
Mütterchen, Mütterchen, steige herab
Und hole uns mit Deinen ledrigen Händen
Zurück in den stinkenden Schutz Deiner Lenden,
Stirb für uns noch einmal mehr…
Erzähler:
Zwischen goldbraun gebrat'nen Schweineköpfchen
Und mit Honig flambierten Puppenknöpfchen
Wurde im meeresschaumgleichen Opferkerzenlicht
Ein Messerchen mit aufgetischt,
Und dreimal dürft ihr raten:
Es steckte in einem Ziegenbock.
Mit flinken Fingern, heimlich,
Verbarg's Lilith unter ihrem Rock!
Lilith:
Ich hack' Deinen Kopf ab,
Dreh' das Messer
Einmal, zweimal, dreimal!
Ich hack' Deinen Kopf ab,
Dreh' das Messer
Viermal, fünfmal, sechsmal!
Erzähler:
In einem unbändigen Funkenregen
Aus gegorenem Blut
Bekämpfte Baltasar wie ein Mann
Die in sich schwelende Todesglut
Vor dem Antlitz des Geschöpfes,
Das einst Mondenstrahlen glich.
Lilith:
Du weißt vieles über Menschen,
Doch Du weißt nichts über mich.
Erzähler:
Und seine allerletzten Worte,
Die ihm den allerallerletzten
Atem raubten, waren:
Baltasar:
Über Dich wußte ich alles,
Doch ich wollte es nicht glauben!
Der Chor der toten Namen:
Nun ist es vollbracht,
Sie hat sich als des Teufels Konkubine offenbart.
Sie, die die nie mehr lacht,
Hat ihr Schreckensreich auf Erden
Hiermit aufgebaut:
Lilith ist es, sie ist Satans Braut.
Lilith:
Entkommen aus der Kirche,
Aus der Kirche des Todestrips.
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